Bhakti-Yoga ist...
KONTAKT MIT KRISHNA IN GESTALT
Krishna und die spirituelle Welt sind für uns nicht vorstellbar. Aber er offenbart sich uns in seinen Namen, in den heiligen Schriften und auch in Bildnissen (im Sanskrit „Murti“ und Englisch übersetzt Deity genannt). Krishna war in konkreten, detailliert beschriebenen Gestalten auf der Erde und er wird im Bhakti-Yoga auch in diesen Formen verehrt. Diese Deities gelten als ,,ikonische Inkarnation“. Durch sie können wir Kontakt mit Gott aufnehmen, unsere Beziehung festigen. Murti- bzw. Deity-Verehrung praktizieren Menschen seit Jahrtausenden.
Das Gefühl zu Deities
braucht Zeit zum Reifen
Für Bhakti-Yoga-Neulinge bzw. Asien-unerfahrenen Menschen sind die Abbildungen von Krishna und seinen Erscheinungsformen meist recht fremd. Sie sehen nur skurrile bunte Figuren: zum Beispiel mit riesigen Gesichtern, großen Augen und breitem Grinsen (Jagannatha) oder mit schwarz-maskenhaftem Gesicht und Flöte in der Hand (Krishna). Anfangs funkt bei Vielen da nichts. Es ist zu „exotisch“, zu anders. Das ist völlig okay.
Es braucht oft eine gewisse Zeit bis sich unsere Augen und unser Herz spirituell so weit geöffnet haben, um Krishna in den Bildgestalten zu spüren. Dann können Deities aber eine äußerst erfüllende Wirkung entfalten. Es kann eine Wechselbeziehung und ein liebender Austausch entstehen, den die Praktizierenden als sehr reell und äußerst herzöffnend wahrnehmen. Und bis dahin heißt es: Einfach im Prozess bleiben und lesen, hören, chanten. Letztendlich geht es im Bhakti-Yoga-Prozess ja darum, seine Sinne mit möglichst viel göttlichem Input zu füttern und der Kontakt zu Bildgestalten ist ein transformativer Bestandteil.
Es ist in jeder Phase des Bhakti-Yoga förderlich, sich Krishna zu zeigen und ihn um Kraft und Klarheit bei der spirituellen Entwicklung zu bitten. Selbst wenn du noch kein Gefühl zu den Bildgestalten hast, versuche es einfach, verbringe Zeit mit ihnen. Und je inständiger du Gott um Unterstützung bittest, desto größeren Effekt hat es.
Ist Krishna gleichwertig Gast in jeder Bildgestalt?
Abbildungen Krishnas zu betrachten ist immer gut und förderlich. Bilder/Statuen von Krishna und seiner Avatare zuhause oder auf dem Smartphone anzusehen ist ein spiritueller Akt. Diese Abbildungen haben jedoch kein besonderes spirituelles Eigenleben.
In den offiziellen Deities in Tempeln und an heiligen Orten hingegen ist Krishna als Gast anwesend. Deshalb gilt der Darshan (das Sehen) hier als wirkungsvoller. Einen Deity zu installieren ist auch eine eigene Wissenschaft, immerhin möchte man Krishna darin dauerhaft als Gast einladen. Es gibt genau beschriebene, teilweise tagelang andauernde Zeremonien dafür und in der ISKCON sogar ein eigenes Ministerium für korrekte Deity-Installierung und -Verehrung. Deities werden als göttlicher Gast in materieller Form auch gebührend behandelt: Ihm werden nach klaren Vorgaben Nahrung, Blumen, Lichter, Lieder, usw. dargebracht und teilweise auch die Kleidung gewechselt.
Die Briefkasten Analogie
Srila Prabhupada verglich die autorisierte Form der Bildgestalt-Verehrung mit einem offiziellen Briefkasten. Ein gelb angemalter Kasten ist wertlos, während ein vom Postamt aufgestellter Briefkasten autorisiert ist. Ebenso werden die Bildgestalten Gottes nicht willkürlich als Ikonen geschaffen, sondern nach genauen Anweisungen der heiligen Schriften gefertigt. Danach erfolgt eine Weihezeremonie, bei der Gott gebeten wird, die Bildgestalt mit seiner göttlichen Gegenwart zu durchdringen.
Durch Bildgestalten können wir eine Beziehung zu Gott entwickeln. Gebete, kleine Gaben, Zeremonien ... sind Teil des Prozesses. Wer dranbleibt, dem offenbart sich Krishna eines Tages.
Wichtig: Es gibt nur einen Gott (Krishna) und Millionen von Halbgöttern
Krishna wird in den Veden als Quelle von allem und als einziger „Devadeva“, als Gott der Götter bezeichnet. Im vedischen Verständnis gibt es Krishna untergeordnet sehr sehr viele Halbgötter (Devas) wie den Sonnengott, den Windgott, die Göttin des Wissens etc. Das sind besonders ermächtigte Wesen, die die verschiedenen Aspekte des Universums regulieren und harmonisieren. Materiell orientierte Menschen verehren vielfach bestimmte Halbgötter, weil sie sich dadurch einen materiellen Zugewinn erhoffen. So wird Ganesha, der bekannte Elefantengott und Beseitiger materieller Hindernisse, oftmals zu Beginn neuer Unternehmungen verehrt. Im Bhakti-Yoga beschränken wir uns jedoch auf die Verehrung des einen Gottes hinter allem, quasi dem Erfinder/CEO/Chef von allem und nicht seinen Ordnungshütern oder Bediensteten in der materiellen Welt.
Hier eine kurze Erklärung zu den wichtigsten Deities
Radha-Krishna
Radha und Krishna symbolisieren die spirituelle Liebe und Hingabe.
Ihre Beziehung steht für die innige Verbindung zwischen Gott und
den Gläubigen, die über die physische Welt hinausgeht.
Radha ist eine Kuhhirtin (Gopi) aus Vrindavan und ewige Gefährtin von Krishna. Sie repräsentiert die Seele (Atman), die sich nach der Vereinigung mit dem Göttlichen sehnt. Radha ist die personifizierte Hingabe (Bhakti) und Liebe zu Krishna. Radha-Krishna sind oft voller spielerischer Begegnungen und tiefem spirituellem Austausch. Ihre Tänze und Spiele (Rasa Lila) symbolisieren den kosmischen Lebenstanz und die Freude der göttlichen Vereinigung. Krishnas Gestalt hat tiefdunkelblaue Haut, eine Flöte in der Hand und am Kopf eine Pfauenfeder als Schmuck (in Vrindavan gibt es auch heute noch viele freilebende Pfauen).
Radha-Krishna Deities werden unter verschiedenen göttlichen Namen in vielen Tempeln auf der Welt verehrt, z.B. als Radha-Shyamasundara, als Radha-Govinda oder wie im Tempel von Goloka Dhama als Radha-Madan-Mohan.
Krishna und Balarama
Balarama, der ältere Bruder von Krishna, wird mit einer Keule als Symbole für Stärke und Standhaftigkeit im spirituellen Leben dargestellt sowie mit einem Pflug, der Arbeit symbolisiert und als Metapher für das Pflügen des Geistes und die Vorbereitung des Schülers auf spirituelles Wachstum gesehen werden kann. Balarama wird auch als der ursprüngliche Guru (spiritueller Lehrer) betrachtet, der den Schüler anweist, unterstützt und schützt.
Krishna wird oft in seiner Jugendform als Kuhhirte mit einer Flöte in der Hand dargestellt. Krishna steht für göttliche Liebe und spirituelles Wissen. Ihre Verehrung zusammen betont die Einheit und das Gleichgewicht zwischen spiritueller Weisheit, innerer Stärke und kraftvoll-liebevollem Handeln. Die Brüder unterstützen sich gegenseitig und ergänzen ihre Kräfte, um das Dharma zu schützen und Gerechtigkeit zu gewährleisten. Devotees beten oft zu den Krishna-Balarama-Deities für Schutz, Führung und spirituelle Erleuchtung.Der ISKCON Krishna-Balarama-Tempel in Vrindavan ist ein bedeutender Ort der Verehrung.
Jagannatha, Baladeva und Subhadra
Jagannatha ist eine Form von Krishna und bedeutet "Herr des Universums" (Herr = natha / Universum = jagat). Er ist (wie Krishna) dunkelblaugrau und hat eine Pfauenfeder.
Baladeva (Balarama) ist sein älterer Bruder, der wie beschrieben Stärke und den Guru-Aspekt symbolisiert.
Subhadra ist die jüngere Schwester von Krishna und Balarama. Sie wird als Verkörperung der göttlichen Energie (Shakti) verehrt. Ihre Darstellung zwischen ihren Brüdern symbolisiert die Einheit und Harmonie zwischen den göttlichen Kräften, der Einheit zwischen göttlicher Energie im Universum + Stärke + Liebe
Die Deities werden mit großen, runden Augen abgebildet, was für allumfassendes Wissen und Bewusstsein steht. Das breite Lächeln repräsentiert die enorme Freude, die Jagannatha in der Hingabe seiner Devotees findet. Die unvollständigen Körper zeigen, dass das Göttliche in seiner wahren Essenz unendlich ist - jenseits unserer physischen Kategorien und Dualitäten.
Dazu gibt es eine schöne Legende: Krishna lebte nach seiner Zeit in Vrindavan als König in einer anderen Stadt (Dwarka), fernab seiner geliebten Gopis. Eines Tages hörte Krishna von Narada Muni, einem göttlichen Weisen, Geschichten über die tief empfundene Liebe der Bewohner von Vrindavan. Das war für ihn so bewegend, dass er in einen Zustand extremer Ekstase und Freude (mit großen Augen und fettem Grinsen) erstarrte. In diesem Moment nahm er die Form von Jagannatha an.
Jagannatha symbolisiert gewissermaßen die Kraft, die jeder Mensch, die jede Seele durch starke Hingabe auf Gott ausüben kann.
Der Haupttempel von Jagannatha, Baladeva und Subhadra liegt im indischen Puri (Zutritt leider nur für Inder). Von dort stammt auch das farbenfrohe Ratha Yatra-Festival, das seit Jahrtausenden zelebriert wird – und das mittlerweile in vielen Städten in Deutschland, der Schweiz und weltweit zelebriert wird. Jedes Jahr kommt der Herr des Universums mit seinen göttlichen Geschwistern raus zu den Menschen. Auf prächtig geschmückten Wagen werden die Deities durch die Straßen gezogen – was die allumfassende Liebe und Gnade des Göttlichen repräsentiert: Auch wenn wir nicht zu Gott kommen, kommt er zu uns.
Narasimha (Narasingh, Nrusimha)
Narasimha wird als Mensch-Löwe-Deity dargestellt. Er ist eine bedeutende Inkarnation von Krishna, der einzig erschien, um den gläubigen Prahlada vor dem fiesen und mächtigen Dämon Hiranyakashipu zu beschützen. Narasimha symbolisiert den Schutz der Gläubigen durch Krishna und den Sieg der Rechtschaffenheit, auch wenn alles schon verloren erscheint. Die Geschichte lehrt, dass Krishna zu jeder Zeit in jeder erdenklichen Form erscheinen kann, um Menschen, die sich ihm zuwenden, vor bösen Dämonen (in welcher Form auch immer) zu beschützen. Jeder hat mit inneren und äußeren Dämonen zu kämpfen, die ihre Macht ausüben. Sich inständig an Narasimha zu wenden kann befreiend wirken.
Narasimha wird besonders in Südindien verehrt, und es gibt dort viele Tempel, die ihm gewidmet sind. UND: Es gibt seit 40 Jahren auch den wundervollen Simhachalam-Tempel mit Devotee-Lebensgemeinschaft, Farm und Gästezimmern im Bayerischen Wald.
Das Pancha Tattva
"Pancha Tattva" ist zentrales Konzept im Bhakti-Yoga bzw. Gaudiya Vaishnavismus, das übersetzt "die fünf Wahrheiten" bedeutet. Gemeint sind die verschiedenen Aspekte, in denen das Göttliche manifestiert. Um das Pancha Tattva zu verstehen und zu verinnerlichen, muss man tiefer in die Lehre eintauchen. Dabei stößt man auch auf das wichtige Pancha Tattva Mantra:
śrī-kṛṣṇa-caitanya prabhu nityānanda śrī-advaita gadādhara śrīvāsādi-gaura-bhakta-vṛnda
Dieses Mantra ruft die Barmherzigkeit und den Segen der Pancha Tattva an und bereitet die Devotees auf das Singen des heiligen Namens vor.
Hier nur in aller Kürze:
Chaitanya Mahaprabhu (Gaura Tattva)
Er ist die kombinierte Inkarnation von Radha und Krishna und wird als die ursprüngliche Göttlichkeit angesehen. Chaitanya Mahaprabhu kam, um die Liebe zu Gott (Prema Bhakti) durch das Singen des heiligen Namens zu verbreiten.
Nityananda Prabhu (Nityananda Tattva)
Er wird als die Verkörperung von Balarama, Krishnas älterem Bruder, betrachtet. Nityananda Prabhu ist bekannt für seine unendliche Barmherzigkeit und Mitgefühl. Er spielt eine zentrale Rolle in der Verbreitung des heiligen Namens und der Lehren von Chaitanya Mahaprabhu.
Advaita Achar (Advaita Tattva)
Er ist eine Inkarnation von Maha Vishnu und Sada Shiva. Advaita Acharya spielte eine entscheidende Rolle in der Manifestation von Chaitanya Mahaprabhu auf der Erde, indem er intensiv für sein Erscheinen betete. Er wird als eine führende Figur in der Verbreitung der Bhakti-Bewegung verehrt.
Gadadhara Pandit (Shakti Tattva)
Er wird als die Verkörperung von Radharani, der ewigen Gefährtin Krishnas, angesehen. Gadadhara Pandit repräsentiert die innigste Hingabe und spirituelle Intensität. Er war ein enger Gefährte von Chaitanya Mahaprabhu und spielte eine wichtige Rolle in der spirituellen Gemeinschaft.
Shrivasa Thakura (Bhakta Tattva)
Er repräsentiert die reine Hingabe und steht für die Versammlung der Devotees (Bhakta). Shrivasa Thakura war ein enger Begleiter von Chaitanya Mahaprabhu und ein bedeutender Unterstützer der Sankirtan-Bewegung (gemeinschaftlicher Gesang des heiligen Namens).
Gaura Nitai (Gauranga-Nityananda)
Mit Gaura (Chaitanya Mahaprabhu) und Nitai (Nityananda Prabhu) werden zwei der fünf Aspekte der Pancha Tattva verehrt. Sie repräsentieren die göttliche Barmherzigkeit und Hingabe, die im Bhakti-Yoga besonders wichtig sind.
Chaitanya wurde 1486 in Navadvipa, Westbengalen, geboren und war eine gemeinsame Inkarnation von Radha und Krishna. Er führte ein Leben tiefster Hingabe und Ekstase und inspirierte viele Anhänger durch sein eigenes Beispiel und seine spirituellen Praktiken.
Nityananda Prabhu war der engste Gefährte und ewiger Diener von Chaitanya Mahaprabhu. Er wird als die Verkörperung von Balarama, Krishnas älterem Bruder, betrachtet. Nityananda wird besonders für seine grenzenlose Barmherzigkeit und sein Mitgefühl verehrt. Seine Lehren und sein Verhalten waren geprägt von tiefer Liebe und Erbarmen, oft um die Bedürftigsten und am meisten Vergessenen zu erreichen.
Die Gaura-Nitai Deities repräsentieren die barmherzige und zugängliche Natur des Göttlichen. Sie bringen die göttliche Liebe und das Mitgefühl zu allen, unabhängig von deren spirituellen Qualifikationen. Ihre Mission war es, die Praxis des gemeinschaftlichen Gesangs (Sankirtan) des heiligen Namens Gottes unter allen Menschen zu verbreiten.
Keine Deities, aber dennoch verehrt und heilig sind …
Shaligram Shilas
Einige Praktizierende verehren (meist Zuhause) zudem sogenannte Shaligram Shilas. Das sind heilige Steine aus dem Fluss Gandaki in Nepal, die als Verkörperungen von Vishnu verehrt werden. Sie sind meist schwarz und enthalten natürliche Markierungen, die als Zeichen der Anwesenheit von Vishnu interpretiert werden. Sie benötigen keine formelle Weihe, da sie von Natur aus heilig sind.
Steine vom Govardhan-Hügel
Der Govardhan-Hügel (in der Nähe von Vrindavan) wird als inkarnierte Form von Krishna selbst angesehen. Govardhan-Steine sind heilige Steine von diesem Hügel, da diese Steine die göttliche Energie und Gegenwart von Krishna enthalten.